Segeln im Queen Charlotte Sound / Nee Seeland (04.02.2013)
Hey, liebe Segelfreunde und Frostbeulen im Norden!
Es war schoen unter dem Kreuz des Suedens im Queen Charlotte Sound, einem der Arme der Malborough Sounds am Nordende der Suedinsel Neuseelands, zu ankern und im Januar den Orion sehen zu koennen. Ich schreibe euch nicht, wie warm es im Cockpt beim Fruehstueck in der Bucht war, umsaeumt vom typischen Wald (mit vielen Farnbaeumen), der auch die Haenge der steil aufsteigenden Berge bedeckt und einen optisch duesteren Eindruck erweckt..
Unsere Freunde aus Christchurch hatten die Idee, eine Jacht zu chartern – mit schlowly als Skipper.
Nur vier Tage, aber beeindruckend. Und immerhin sind wir auf Cooks Spuren gesegelt. Eine tolle Leistung dieses Mannes, sich in diese langen Schlaeuche zu wagen. Ohne Motorbremse bei Gewaessertiefen von 40 bis 50 Meter und erst 100 Meter vor der Kueste beginnenden Ankergruenden. (In 10000 Jahren werden die Sounds wohl Alpentaeler sein!! Hier hebt sich das Land.)
Dazu noch kraeftige Fallboen, die ueber die Saettel der Berge ringsum pfeifen und das Boot heftig am Anker zuppeln lassen oder es auf die Backe legen. Deshalb hatte auch unser 28 Fuss-Boot einen 20 Kilo-Anker und 40 Meter 8 mm-Kette, was sehr beruhigend war!! Jetzt weiss ich auch den Wert einer elektrischen Ankerwinsch zu schaetzen! Hihi!
Abgesehen von den sich schnell aendernden Wetterbedingungen gibt es noch eine Eigentuemlichkeit dieses Revieres. Lediglich vier Jachthaefen sind zu zaehlen, weshalb es heisst, zu ankern oder an einer Mooring vor einer Lodge anzulegen. Dort trinkt man ein Bier oder einen Wein (beides sehr gut) oder geniesst einen der wunderbaren Kaffee, die es hier gibt (kein Scherz!! Eine wirkliche Kaffeekultur.). So braucht man kein Liegegeld zu entrichten. Es gibt uebrigens viele einsame Buchten hier!
Ich habe mich zunaechst ueber die taegliche Meldepflicht unter Angabe des vorgesehenen Ankerplatzes gewundert. Es wurde mir aber sehr schnell klar, warum. Fuer den Revierunkundigen ist es bei Regen, Nebel oder Nachts schwer, eine Einfahrt zwischen den dunklen Berghaengen zu erkennen. Leuchtfeuer gibt es nur fuer die Faehre von Picton nach Wellington. Und GPS? Die Abdeckung durch die Berge ist zu gross, um genaue Positionen zu bekommen. Deshalb wird das Revier auch nichts fuer Chartererhorden werden – ganz abgesehen von der ueber 20stuendigen Anreise. Wer als segelfreudiger Tourist hierher – oder auch Hobart/Tasmanien – kommen sollte, verpasst etwas, wenn er nicht ein paar Tage gesegelt ist.
Diesen Bericht schreibe ich bei unseren Freunden in Christchurch, weswegen ich auch noch etwas ueber die Stadt und die Auswirkungen der Erdbeben 2011 schreiben will: Es war ein Schock fuer uns durch das zerstoerte Zentrum zu gehen! Das alte, so typsch englische Christchurch, das wir vor acht Jahren erlebt haben, wird es nicht mehr geben. Zuviel Substanz musste und muss noch abgerissen werden. Der Aufbau ist im Gang, jedoch zu langsam. Geschaeftsleute finden in den Vorstaedten neue, teilweise lukerativere Standorte. Viele Einheimische wuerden wieder im Zentrum eine Mietwohnung nehmen, aber nur wenn klar ist, wie die neue Umgebung aussehen wird.
Vororte sind nicht mehr bewohnbar, weil sie unter den Grundwasserspiegel abgesackt sind! Obwohl die Haeuser meistens unzerstoert sind. Die Schaeden in anderen Teilen der Stadt lassen viele Familien weg ziehen, so dass Schulen statt 900 Schueler nur noch 200 haben. Dass sich der Grund einer Bay um zwei Meter gehoben hat und das Jollensegeln nicht mehr zulaesst, ist dagegen nichts. Wunderschoene Hanglagen sind zur roten Zone erklaert worden, weil Steinschlag (riesige Brocken) von den muerben Haengen droht.
Sehr schlimm ist das Zerbrechen sozialer Netzwerke, die ueber Jahre hinweg gewachsen sind. Ebenso die Tatsache, dass mit dem Verlust des Eigenheimes Lebenstraeume vernichtet sind. Viele haben nicht mehr die Mittel ein neues Haus zu bauen. Mietwohnungen gibt es kaum – wenn, dann fuer teueres Geld.
Ebenso wenig gibt es noch freie Container! Die benoetigt man nicht nur um geretteten Hausrat zu stauen, sondern auch um in ihnen Geschaefte, Cafes und Bankfilialen in abgerissenen Strassenzuegen einzurichten! Container, zwei uebereinander und bis zu 30 nebeneinander sind ein solider Schutz vor Steinschlag an Steilhaengen neben einer Strasse!!
Das nehmen die Kiwis (auf diese Bezeichnung sind sie stolz!!) aber mit einer bewundernswerten Gelassenheit hin, die auch ihre Lebensauffassung kennzeichnet. Offen, hilfsbereit! Fuer den Fussgaenger wird schon fruehzeitig gebremst, Einfaedeln bei Engstellen ist kein Problem! Blinker genuegt. Und das Betaetigen der Hupe ist schlichtweg nicht noetig oder kommt niemandem in den Sinn.
Euere berechtigte Frage, ob wir denn rein gar nichts zuvor erlebt haetten, ueber das zu berichten waere, ist verstaendlich. Es kommt noch etwas, dessen koennt ihr euch sicher sein! Nach dem Motto: wenn einer Reise tut……. Und wir sind zu viert!!
Bis dahin viele Kopfuebergruesse von den Laufers